Die Mariendistel stammt ursprünglich aus Vorderasien, Nordafrika und Südeuropa. Sie bevorzugt warme, sonnige und trockene Standorte. In Mitteleuropa ist sie selten auch verwildert anzutreffen. In Teilen Österreichs und der Schweiz gilt die schöne Distelart als „gefährdet“. Für den medizinischen Gebrauch wird die Mariendistel großflächig angebaut.

Die Früchte der Mariendistel sind als traditionelles pflanzliches Arzneimittel anerkannt. Vom HMPC wird eine innere Anwendung zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Blähungen und Flatulenz sowie zur Unterstützung der Leberfunktionen empfohlen. Die ESCOP empfiehlt eine Anwendung der Mariendistelfrüchte bei toxischen Leber­schäden und zur unterstützenden Behandlung bei chronisch-entzündlichen Leber­erkrankungen und Leber­zirrhose. Auch von der Kommission E liegt eine positive Bewertung der Mariendistelfrüchte vor. Die Anwendung von Mariendistelkraut erhielt allerdings eine Negativbewertung, da hier die Wirksamkeit nicht medizinisch belegt werden konnte. Volksmedizinisch werden sowohl die Früchte wie auch das Mariendistelkraut verwendet. Tatsächlich gilt die Mariendiestel als „das“ Leber-Heilkraut schlechthin. Im Jahr 2021 wurde sie von der HMPPA zur österreichischen Arzneipflanze des Jahres gekürt.

Bereits in der Antike war die Mariendistel dem griechischen Arzt und Gelehrten Dioskurides als Heilpflanze bekannt. Eine Anwendung erfolge gegen Schlangenbisse, als gallentreibendes Mittel sowie als Brechmittel. In der mittelalterlichen Heilkunde erwähnte die Äbtissin Hildegard von Bingen die Mariendistel als „Vehedistel“ in der Physica zur Anwendung gegen „Seitenstechen“. Eine ähnliche Heilindikation finden wir bei Paracelsus, der die Mariendistel gegen „inwendiges Stechen“ empfiehlt. Heute geht man davon aus, dass damit innere Entzündungen des Rippenfells bezeichnet wurden. Im „Gart der Gesundheit“ wird die Wurzel der Mariendistel als Heilmittel gegen Vergiftungen genannt.

Als Diuretikum sowie als Brechmittel wurde die dicke Pfahlwurzel verwendet. Die Heilwirkung der Früchte wurde erst relativ spät, unter anderem vom bekannten Landarzt Johann Gottfried Rademacher (1772 – 1850) beschrieben. Als „Rademachers Tinktur“ verwendete er sie zur Behandlung von chronischen Leber- und Milzleiden, Hepatitis, Ikterus und Gallensteinkoliken. Heute sind die leberschützenden und antiproliferativen Effekte der Mariendistel durch diverse wissenschaftliche Studien umfangreich belegt und bestätigt. Des Weiteren werden ihr antioxidative, antifibrotische, gallentreibende und entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen. Als Antidot werden Präparate der Mariendistel sogar zur Behandlung von Pilzvergiftungen mit dem tödlich giftigen Knollenblätterpilz erfolgreich angewendet. Seit einigen Jahren wird der Hauptwirkstoff der Mariendistel als neue, nicht-invasive Behandlung von Morbus Cushing erforscht.

Nebenwirkungen sind bei einer Anwendung der Mariendistel selten zu beobachten. Bei empfindlichen Personen können Mariendistelpräparate leicht abführend wirken. Auch Überempfindlichkeitsreaktionen wurden gelegentlich beobachtet. Wer allergisch auf Korbblütler reagiert sollte die Mariendistel jedoch meiden. Für eine Anwendung bei Kindern, Schwangeren oder stillenden Personen liegen aufgrund fehlender Daten aktuell keine Empfehlungen vor. In toxikologischen Untersuchungen im Tiermodel zeigte sich eine Anwendung der Mariendistel auch in hohen Dosen als unproblematisch.

Zu den bedeutendsten Wirkstoffen der Mariendistel zählt ein Wirkstoffkomplex der als „Silymarin“ bezeichnet wird. Dieses Gemisch aus Flavononolderivaten ist hauptsächlich für die leberschützende und entgiftende Wirksamkeit der Mariendistel verantwortlich. Die Hauptwirksubstanz „Silybin“ und deren Isomere haben eine besondere hapatoprotektive und antiproliferative Wirksamkeit. So werden die Leberzellmembranen stabilisiert und die Leberzellregeneration beschleunigt. Des Weiteren fungiert Silybin als Radikalfänger und weist somit eine antioxidative Wirksamkeit auf.

Die antiproliferativen und chemopräventiven Effekte von Silibinin werden aktuell auch umfangreich in der Krebsforschung behandelt. In zahlreichen Studien wurde ein tumorhemmendes Potential der Mariendistel beobachtet. Eingehende Beobachtungen legen nahe, dass Silybin ein nützliches Mittel für die Intervention von hormonresistentem menschlichem Prostatakrebs sein könnte. Auch bei anderen induzierten Tumorgenesen wie Hautkrebs oder Brustkrebs wurde eine protektive Wirksamkeit beobachtet.

Da der Silymarin-Komplex kaum wasserlöslich ist, ist die Anwendung eines Trockenextrakts einer Teezubereitung vorzuziehen. Eine gute Löslichkeit wurde in Alkohol und anderen organischen Lösungsmitteln beobachtet. Die Anwendung einer Tinktur zu therapeutischen Zwecken sollte dennoch überlegt sein, da der enthaltene Alkohol bei einer bestehenden Leberschädigung kontraproduktiv wirken kann. Daher werden hauptsächlich Trockenextrakte aber auch Dekokte therapeutisch angewendet. Die Samen selbst können gut in der täglichen Ernährung eingebaut werden. Frisch vermahlen sind sie eine leckere Beigabe in Müsli, Backmischungen oder Kräutersalz. Da sie reich an fetten Ölen sind, sollte man hier jedoch auf die Haltbarkeit der Zubereitung achten. Am besten lagert man die Samen lichtgeschützt in verschlossenen Behältern und mahlt sie frisch bei Bedarf.

Für ein herzhaftes Gewürzsalz aus den gemahlenen Samen werden diese zusammen mit Steinsalz oder Meersalz vermischt. Dazu vermengt man die ganzen Samen einfach im Verhältnis 2 zu 1 mit groben Steinsalz. Anschließend werden sie zusammen vermahlen. Auf diese Weise kann man die Mariendistel sehr gut als Gewürz in seine tägliche Ernährung einbauen. Es verfügt über einen leicht nussigen Geschmack und passt ausgezeichnet zu Salat, Kartoffelgerichten, frischem Snackgemüse oder auch einfach nur aufs Aufstrichbrot. Das fertig vermahlene Mariendistel-Gewürzsalz wird in vorbereitete Gläser abgefüllt und gut verschlossen.

Volkstümliche Bezeichnungen der Mariendistel sind Frauendistel, Heilandsdistel, Fieberdistel oder Christi Krone. Die botanische Bezeichnung „Silybum“ bezieht sich auf die Blütenform der Pflanze, die an eine Quaste erinnert. Das Art-Epitheton „marianum“ bezieht sich auf die Heilige Gottesmutter Maria. Generell wird die Mariendistel von christlichen Mythologien begleitet. So erzählt eine christliche Legende von der Flucht der Gottesmutter nach Ägypten, um dem König Herodes zu entkommen. Auf dieser Reise suchte sie eines Tages Schutz unter einer Mariendistel, um dort ihr Kind zu stillen. Dabei sollen ein paar Tropfen der Muttermilch auf die Blätter der Pflanze gefallen sein. Seither weist sie als einziger Vertreter der Disteln eine markante, weiße Marmorierung der Blätter auf. Bezugnehmend auf diese Legende wird die Mariendistel im englischen Sprachgebrauch auch „Milk thistle“ genannt.

Studien:

Silibinin decreases prostate-specific antigen with cell growth inhibition via G1 arrest, leading to differentiation of prostate carcinoma cells: implications for prostate cancer intervention. 1999 Jun 22;96(13):7490-5. doi: 10.1073/pnas.96.13.7490.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10377442/

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