Die Schmetterlingstramete (Trametes versicolor) ist ein einjähriger Pilz der gerne auf Baumstümpfen und abgestorbenem Holz anzutreffen ist. Als Baumpilz zählt sie zu den Weißfäulepilzen und ist in der Lage die zwei wichtigsten Holzbestandteile: Cellulose und Lignin abzubauen. Dies erfolgt über bestimmte Enzyme die vom Pilz in das Substrat abgegeben werden. Aufgrund dieser Fähigkeit sind Trameten möglicherweise von technischem Interesse und werden aktuell bezüglich verschiedener Nutzungsmöglichkeiten in der Umwelttechnik weitreichend erforscht. Weitere Trameten, welche über dieselben technischen Eigenschaften verfügen sind die Buckeltramete, welche häufig in Laubwaldbeständen anzutreffen ist, sowie die Anistramete, die striegelige Tramete oder die samtige Tramete.
Trameten gehören zur Familie der Stielporlingsverwandten. Aktuell werden dieser Gattung weltweit ungefähr 60 Arten zugerechnet. Der Gattungsname „Trametes“ bezieht sich auf das lateinische Wort „trama“, welches soviel wie „Gewebe“ bedeutet. Damit ist der Pilzfruchtkörper und seine netzartige Struktur bezeichnet. Eines der wichtigsten Merkmale der Trameten sind die fehlende Trennung zwischen dem Pilzfleisch „trama“ und den eingesenkten Poren. Also die Röhrenschicht geht ohne sichtbare Abtrennung in die Hutschicht über und lässt sich von dieser auch nicht ablösen. Der Pilzstiel ist am Substrat fest verwachsen und bildet konsolenartige, halbkreisförmige Fruchtkörper.
Die Oberfläche, also der Pilzhut der Schmetterlingstrameten bildet verschiedenfarbige Zonen mit blauen, grünen, braunen, violetten oder auch rötlichen Zonen. Darauf bezieht sich auch das Epitheton „versicolor“ im Gattungsnamen. Dieses bedeutet soviel wie „bunt, schillernd“. Der Hutrand ist meist hell und gewellt. Die Unterseite des Pilzes ist weiß bis cremefarben und färbt sich mit zunehmendem Alter grau. Der Fruchtkörper des Pilzes ist verwendbar, solange die feinen Poren an der Unterseite weiß sind. Als Speisepilz ist die Schmetterlingstramete nicht geeignet. Der Pilz ist zäh und geschmacklos. Doch getrocknet und als Tee zubereitet findet die Schmetterlingstramete bereits seit Jahrtausenden Anwendung in der traditionellen chinesischen Medizin.
Erste schriftliche Erwähnungen der Schmetterlingstramete findet man im „Shennong Ben Cao Jing“, einem Werk über medizinische Kräuter, das vermutlich 200 v. Christus in der Han Dynastie entstand. Vermutungen legen nahe, dass sich auch dieses Werk auf noch ältere Daten bezieht. Weitere Aufzeichnungen des Heilpilzes findet man im „Ben Cao Gang Mu“, dem Buch der heilenden Kräuter des berühmten chinesischen Arztes und Naturforschers LI Shi Zhen (16 Jh.). Er schrieb der Schmetterlingstramete bei regelmäßiger Einnahme eine große gesundheitsfördernde Wirkung zu. Für die moderne Medizin wurde der Heilpilz erst Mitte der 70iger Jahren wiederentdeckt. Mittlerweile ist der medizinische Wert des Pilzes auch wissenschaftlich anerkannt und eine wahre Flut an wissenschaftlichen Forschungen haben auch standardisierte Präparate ermöglicht, welche zur Immunstimulans in der begleitenden Krebstherapie angewendet werden.
Angewendet wird die Schmetterlingstramete aufgrund ihrer immunstimulierenden und krebshemmenden Eigenschaften. Als Begleittherapie werden auch die Nebenwirkungen der konventionellen Krebstherapien gelindert. Desweiteren wurden antivirale und antibakterielle Eigenschaften beobachtet. Auch eine Behandlung von Autoimmunerkrankungen sowie bestehenden Allergien ist Thema zahlreicher Studien. Die traditionelle chinesische Medizin nutzt den Pilz als Tee, der aus den ganzen Fruchtkörpern zubereitet wird. Für einen Aufguss werden ca. 10 bis 15 g getrockneter Pilz als Aufguss zubereitet und über den Tag verteilt getrunken. Vor allem die Entgiftungsorgane Leber und Milz sollen dadurch positiv beeinflusst werden. Als Stärkungsmittel, sowie zur Entgiftung und Stärkung des Immunsystems, aber auch bei chronischen Infektionskrankheiten, Erkrankungen der oberen Atemwege sowie Erkrankungen des Verdauungstrakts und bei Entzündungen aller Art findet die Schmetterlingstramete Anwendung. Äußerlich als Waschung wird das Extrakt auch bei verschiedenen Hautleiden eingesetzt. Für die medizinische Anwendung werden die Pilze bereits seit vielen Jahren in speziellen Gärtanks gezüchtet. Als Fertigpräparat sind inzwischen auch zahlreiche Kapseln mit dem getrockneten Pilzpulver erhältlich. Hierbei ist die Bioverfügbarkeit der aktiven Inhaltsstoffe noch nicht ausreichend geklärt, da durch das Extrakt die wirksamen Inhaltsstoffe aus dem Fruchtkörper herausgelöst werden. Desweiteren werden schlechtlösliche Substanzen wie Chitin abgetrennt. Die Anwendung als Trockenextrakt kann jedoch durchaus als sinnvoll angesehen werden, da hier die aktiven Substanzen extrahiert und durch eintrocknen konzentriert wurden.
Für die immunstimulierende und krebshemmende Wirkung werden hauptsächlich enthaltene Polysaccharide verantwortlich gemacht. Die Wirkung der Substanzen PSK und PSP sind durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Beachtlich ist die selektive Wirkung auf entartete Zellen, wobei normale Körperzellen weitgehend unbeeinflusst bleiben. Neben der stark immunstimulierenden Wirkung verfügen diese Polysaccharide auch über antivirale und antibakterielle Eigenschaften, welche den Einsatz bei verschiedenen Infektionskrankheiten möglich machen. Weitere relevante Inhaltsstoffe sind Sterole und verschiedene Enzyme. Der Pilz enthält in geringen Mengen auch Provitamin D und verschiedene Mineralstoffe, allerdings nicht in therapeutisch relevanten Dosen.
Auch verwandte Arten wie die bereits erwähnte Buckeltramete (Trametes gibbosa) werden medizinisch verwendet. Untersuchungen weisen auch hier auf entzündungshemmende Polysaccharide hin. Desweiteren werden auch hier krebshemmende und stark gefäßschützende Eigenschaften beobachtet. Aus der Buckeltramete wird durch Extraktion ein spezielles Enzym gewonnen, das aktuell zur Behandlung von chronischer myeloischer Leukämie eingesetzt wird. Die bereits erwähnte Anistramete (Trametes suaveolens) kommt hauptsächlich auf Weiden vor und enthält unter anderem Anissäuremethylester, welche ihr den arttypischen Anisgeruch verleiht. Berichten zufolge wurde die Anistramete in Nordeuropa als Aphrodisiakum verwendet sowie zur Beduftung von Kleidertruhen. Allerdings kann dieser Pilz leicht mit dem wohlriechenden Weidenporling (Haploporus odorus) verwechselt werden. Auch die Anistramete verfügt über antitumorale und immunstimulierende Eigenschaften. In der Pharmacopoea Wirtenbergica (1741) wird der Pilz zur Behandlung von Lungentuberkulose erwähnt.
Trotz umfangreicher Forschungen sind bis heute noch nicht alle Inhaltsstoffe und deren Zusammenwirken geklärt. Immer wieder werden durch verschiedene Extraktionsverfahren weitere Verbindungen extrahiert und erforscht. Die Welt der Heil- und Vitalpilze mag in Ostasien auf einer Jahrtausende alten Tradition thronen. In der Welt der westlichen Medizin steckt sie allerdings noch in den Kinderschuhen und wir dürfen auf zahlreiche interessante Anwendungsmöglichkeiten hoffen.