Vom Flachs oder Lein (Linum)….
Blau wie der Himmel blüht der Flachs auf den steirischen Feldern. Doch nicht nur in Europa, auf der ganzen Welt, ausgenommen die äquatorialen Länder, gedeiht diese wichtige Nutzpflanze. Als Faser und Ölpflanze reicht die Nutzung des Flachs bis zu 10 000 Jahre in der Kulturgeschichte zurück. Damit zählt er wohl zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Fundstätten am östlichen Mittelmeer belegen eine Nutzung des Flachs zur Fasergewinnung bereits 8 000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Von den rund 200 Arten der Gattung „Linum“ ist wohl der gemeine Lein „Linum usitatissimum“ eine der bedeutendsten.
Aus der Flachsfaser des gemeinen Leins hat sich bis zur heutigen Zeit ein eigener Industriezweig entwickelt. Bereits im alten Ägypten sowie im antiken Rom war der Stoff aus der gesponnen Flachsfaser, das Leinen, bekannt. Pharaonen wurden bei der Mumifizierung in wertvolle Leinentücher gehüllt und selbst in der Bibel fand die damals schon wichtige Nutzpflanze Erwähnung. Das Leintuch wie auch die Leinwand sind auch in der heutigen Zeit nicht wegzudenken. Leinen ist gut zu verarbeiten, flusenfrei und reißfest. Erst im 19. JH wurde die Leinfaser durch die Baumwolle verdrängt. Als ökologische Naturfaser gewinnt sie in jüngster Zeit allerdings wieder an Bedeutung.
Neben der Nutzung als Faserpflanze zählt die unscheinbar wirkende Leinsaat zu den wichtigsten Ölsaaten. Das kaltgepresste Leinöl ist reich an wertvollen Omega-3-Fettsäuren und Tocopherolen. Der hohe Gehalt an Linolensäure besitzt nachweislich eine lipidsenkende Wirkung. Dies wirkt sich auch positiv bei Hypertonie aus. In Studien bei Patienten mit milder essentieller Hypertonie führte bereits eine 14-tägige Einnahme von Leinöl zu einer signifikanten Senkung des systolischen Blutdrucks. Desweiteren werden dem Leinöl entzündungshemmende, antibakterielle sowie anticarzinogene Eigenschaften zugeschrieben.
In der kalten Küche lässt sich Leinöl sehr gut in Salaten oder Aufstrich und Saucen verarbeiten. Wichtig dabei ist, auf die richtige Qualität zu achten. Bei der Kaltpressung des Öls werden Temperaturen von maximal 40°C erreicht. Das Öl hat eine goldgelbe Farbe und einen leicht nussigen Geruch. Warmgepresstes Leinöl dagegen hat eine gelblich-braune Farbe. Dieses wird überwiegend für technische Zwecke wie Holzpolitur oder als Basis für Ölfarben verwendet. Aufgrund des hohen Gehalts an langkettigen Fettsäuren oxidiert Leinöl sehr leicht und ist daher nur wenige Monate haltbar. Unter Einfluss von UV-Licht und Luft bekommt es einen leicht fischigen Geruch und einen bitteren Geschmack. Dann sollte es in der Küche nicht mehr verwendet werden.
Auch die Leinsamen selbst werden in der Küche wie auch in der Volksmedizin verwendet. Leinsamen sind reich an Schleimstoffen und Balaststoffen. Desweiteren enthalten sie viele Vitamine, Proteine und Mineralstoffe. Medizinisch werden sie zur Vorbeugung und Behandlung von Verstopfung, Reizdarm und Gastritis verwendet. Das aus den Leinsamen gewonnene Leinsamenmehl wird unter anderem auch für Wärmeauflagen eingesetzt. Wichtig bei der Einnahme von Leinsamen ist, ausreichend Wasser zu trinken. Setzt man einen Esslöffel Leinsamen in einem Glas Wasser an, bildet sich nach kurzer Zeit ein wohltuender kühlender Schleim, der eine lindernde Wirkung auf die gereizten Schleimhäute hat. Diese umfangreichen Einsatzbereiche dieser zarten, unscheinbar wirkenden Ölpflanze ist es wohl zu verdanken, dass sie im Jahr 2005 vom NHV Theophrastus zur Arzneipflanze des Jahres gewählt wurde.